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Kunst-Historie

Wohnbau Lörrach-Historie als Kunstwerk

Der folgende Text von Isolde Britz wurde von Arno Dietsche für die Gestaltung des Bilds »Ein kurze Geschichte der Wohnbau Lörrach« verwendet. Arno Dietsche entwirft und programmiert sogenannte Fonts, Schriften für Computer. Mit diesen Schriften codiert er Texte so, dass sie wie Bilder aussehen. Wie bei einem Text in Geheimschrift bleibt der Inhalt, die Botschaft, aber erhalten. Im Prinzip besteht die ganze Welt aus Codes. Auch der Mensch ist biologisch codiert, – bekanntlich nennen wir diese Codes »Gene«.

Die »Kurze Geschichte der Wohnbau Lörrach« ist aus einem Text nun in ein Bild verwandelt. Das Bild hängt seit Mai 2018 im 1. Stock der Wohnbau Lörrach. Und dies ist der Text:


Ein kurze Geschichte der Wohnbau Lörrach

Im Entstehungsjahr dieses Bildes – 2018 – feiert die Wohnbau Lörrach ihren 62. Geburtstag. Der Not gehorchend haben die Stadt Lörrach und die Sparkasse Lörrach das Wohnungsunternehmen 1956 gegründet mit dem Auftrag „breite Schichten der Bevölkerung“ mit angemessenem Wohnraum zu versorgen. Seither hat die Städtische Wohnbaugesellschaft Lörrach mbH, so unser korrekter Name, die Stadt geprägt wie kaum ein anderes Unternehmen. Unsere Wohnquartiere bilden den Kern fast aller Stadterweiterungen der Nachkriegsjahre. Statistisch gesehen wohnt heute jeder siebte Einwohner der Stadt unter einem unserer Dächer. Nachfolgend stellen wir die Unternehmensgeschichte in den gesellschaftspolitischen Kontext der vergangenen sechs Jahrzehnte. Über die Zeit hinweg haben zeitgenössische Strömungen des Städtebaus und der Architektur ebenso wie die sich ändernden Lebensbedingungen der Bewohner und ihre sich wandelnden Ansprüchen an ihr Zuhause unser Handeln bestimmt und ihre Spuren in unseren Quartieren hinterlassen.

An das Gründungsjahrzehnt der Wohnbau Lörrach haben selbst die ältesten Kolleginnen und Kollegen nur noch vage Erinnerungen. Der Neuanfang Deutschlands und die rasche Wandlung der jungen Republik hin zu den Anfängen einer modernen Gesellschaft ist heute vielmehr Teil des kollektiven Gedächtnisses. Diese Zeitspanne tiefgreifender Umbrüche reicht von der Abschaffung der Lebensmittelmarken 1950 bis zum ersten Auftritt der Beatles 1960.

Für unsere Gesellschaft standen die ersten Jahre ganz im Zeichen des Wiederaufbaus und der Bekämpfung großer Wohnungsnot. Flüchtlinge, Umsiedler, Kriegsheimkehrer, Arbeitssuchende und Grenzgänger drängten auch in die stark wachsende Stadt Lörrach und konkurrierten mit den Ortsansässigen um den knappen Wohnraum. Im Rahmen der Zwangsbewirtschaftung mussten sich oft mehrere Haushalte unfreiwillig eine Wohnung teilen. Die Erfassungsbögen wiesen 1954 fast 2.000 Wohnungssuchende aus. Die „Erfindung“ kommunaler Wohnungsunternehmen wurde allerorten zu einem wirkungsvollen Instrument, um Not zu lindern und Chaos zu ordnen. Die Schaffung neuen Wohnraums – schnell und viel – war das Gebot der Stunde. Am 3. Juli 1956 wurde die Städtische Wohnbaugesellschaft Lörrach mbH gegründet. Gesellschafter waren die Stadt Lörrach mit 98 Prozent und die Sparkasse Lörrach mit 2 Prozent. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 50.000 DM. Sie sollte vor allem einkommensschwachen und kinderreichen Familien zu Wohnraum verhelfen.

In der Neumatt errichtete die Wohnbau Lörrach noch in den 1950er Jahren 116 Mietwohnungen. Die Baupläne verdeutlichen die Genügsamkeit in jenen Jahren: ein Bad hat 2,5 m², ein Kinderzimmer 7,7 m², der Flur fehlt, ein Zimmer ist gefangen. Diese staatlich geförderten Wohnungen blieben allerdings Umsiedlern vorbehalten, was bei Alteingesessenen für einigen Unmut sorgte. Ein großer Teil dieser Bestände ist heute saniert. Die Wohnungen sind nach wie vor beliebt. Außerdem – Geschichte wiederholt sich – dienen sie aktuell wiederum der Anschlussunterbringung von Geflüchteten.

Die 1960er Jahre: 1961 begann die bemannte Raumfahrt, Jugendliche zogen gegen Muff und Spießigkeit zu Felde, die Popkultur begann ihren Siegeszug und ab Mitte des Jahrzehnts forderte die Studentenbewegung weitreichende politische und gesellschaftliche Veränderungen. Die Wirtschaft boomte. Steigender Wohlstand verstärkte auch den Bedarf an Wohnraum. Bauen, was das Zeug hält, war die Devise für unser Unternehmen. In der Nordstadt schufen wir an der Kolpingstraße ein ganz neues Stadtviertel. In Stetten füllte sich das Neumattgebiet; mit der Siedlung Hammerstraße / Leibnizweg übersprang die Bautätigkeit zum ersten Mal sogar den Bahndamm – bis dahin südlichste Siedlungsgrenze der Stadt. Auch auf dem Salzert investierte die Wohnbau Lörrach ab 1963 kräftig. Da das verfügbare Bauland um die Kernstadt weitgehend ausgeschöpft war, entstand hier in bester Aussichtslage am Hang eine für jene Zeit typische Satellitensiedlung, ein städtebauliches Ideal, das schon wenige Jahre später zum Problemfall werden sollte.

Im ganz gewöhnlichen Mieteralltag war von der Aufbruchstimmung jener Jahre noch wenig zu spüren: Kehrwoche, kleinkarierte Hausordnungen, Ver- und Gebote regelten das Miteinander auch in unseren Häusern. Beispielhaft sei an der Stelle nur das Schild „Stöckelschuhverbot“ erwähnt, das wir bei Aufräumarbeiten in einem Waschhaus auf dem Salzert gefunden haben. In den Augen auch unserer Hausverwalter waren Mieter damals am ehesten noch ein notwendiges Übel.

Der unerschütterliche Fortschrittsglaube der Wirtschaftswunderära fand 1973 durch die Ölkrise ein abruptes Ende. Die Grenzen des Wachstums und die Endlichkeit der Ressourcen wurden erstmals spürbar. Diese Erkenntnis erreichte die mittlerweile hoch entwickelten Industriestaaten in einer Zeit, in der, dem Bausparvertrag sei Dank, immer mehr Menschen ihren Traum vom Eigenheim im Grünen verwirklichten. Wer es sich leisten konnte, floh aus der Tristesse unmaßstäblicher Großsiedlungen, die der Psychologe Alexander Mitscherlich damals in seiner Streitschrift „Die Unwirtlichkeit unserer Städte“ brandmarkte.

Die neuen Siedlungen der Wohnbau Lörrach waren im Verhältnis zu den „Bettenburgen“ der „Neuen Heimat“ in ihren Dimensionen zwar überschaubar, dennoch stand auch in Lörrach der soziale Wohnungsbau alsbald am Pranger. Die harsche Kritik der Architekten entzündete sich vor allem an den einfallslosen, uniformen Gebäuden der Großsiedlung Teichmatten in Tumringen. Das trostlose Wohnumfeld brachte das Fass bei den Mietern zum Überlaufen. „Für jedes Auto gibt es einen Stellplatz, für alle Kinder zusammen aber keinen vernünftigen Spielplatz“, wetterte ein Vater damals stellvertretend in der Zeitung. Die Wohnbau Lörrach musste umdenken, um die Abwanderung gut situierter Bewohner und den sozialen Abstieg ganzer Wohnquartiere aufzuhalten.

Erstmals hielt die „Städtische“ Mieterversammlungen ab, räumte Bewohnerinnen und Bewohnern die Möglichkeit ein, ihre Anliegen vorzutragen und an Entscheidungen, die ihr unmittelbares Wohnumfeld betrafen, mitzuwirken. Außerdem entdeckten wir Gestaltqualität als Wirtschaftsfaktor für nachhaltigen Erfolg am Wohnungsmarkt. „Niemand darf einem Haus ansehen, wer darin wohnt“, war und ist seither das Credo der Wohnbau Lörrach. Für ein größeres Bauvorhaben lobte sie Ende der 1970er Jahre ihren ersten Architektenwettbewerb aus und realisierte einen preisgekrönten Entwurf. Bestandteil des Raumprogramms war auch unser erster Gemeinschaftsraum, gedacht als Versammlungs- und Begegnungsraum für die Mieterinnen und Mieter. Heute ist das Angebot in unseren Quartieren Standard. Der damalige Innenminister von Baden-Württemberg zeichnete die Wohnanlage Wölblin 1981 als richtungsweisend aus. Seither macht die Wohnbau Lörrach regelmäßig in Sachen Baukultur und Gestaltqualität von sich reden. Höchste Anerkennung erfuhr diese Haltung mit der Verleihung des Werkbund Labels 2011.

Rationalisierung, Automatisierung, ein expandierender Dienstleistungssektor und wachsende Ansprüche an Mobilität waren beherrschende Themen der 1980er Jahre. Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland stagnierte, die Gesellschaft alterte. Die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte nahm signifikant zu. Wirtschaftliche Prosperität schlug sich auch im Wohnflächenkonsum nieder. Das statistische Mittel bewegte sich damals bei 36 m² Wohnfläche / Kopf, doppelt so viel wie 1960. Bis heute, also 2018, ist der Wert weiter auf rund 47 m² / Kopf angewachsen – eine der vielen Ursachen einer neuen gravierenden Wohnungsnot, die unsere Wohnbaugesellschaft gegenwärtig ein weiteres Mal vor große Herausforderungen stellt.

Also - wieviel Wohnung braucht der Mensch? In der staatlich geförderten Wohnungswirtschaft war diese Frage schnell beantwortet: 45 m² Wohnfläche für Alleinstehende, zwei Wohnräume bzw. 60 m² Wohnfläche für einen Haushalt mit zwei Personen, drei Wohnräume bzw. 75 m² Wohnfläche für einen Dreipersonenhaushalt usw. Diese – übrigens bis heute geltenden – Förderrichtlinien gingen
(und gehen) mit großer Beharrlichkeit vom tradierten Vater-Mutter-Kind-Modell aus. Neue Haushaltsformen (Alleinerziehende, nichteheliche Wohngemeinschaften) sind darin nicht vorgesehen.

Steuerliche Privilegien erleichterten den kommunalen und sonstigen gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen fast vier Jahrzehnte lang die Erfüllung ihres gesellschaftspolitische Auftrags. 1990 wird das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz aufgehoben. Die Wohnbau Lörrach nutzt diese Zäsur als Chance. Um sich für den Wettbewerb am freien Markt fit zu machen, gaben wir uns ein neues Unternehmensleitbild: Sicherheit bieten. Wohnzufriedenheit herstellen. Lebensqualität verbessern. Wohnumfeld gestalten. Baukultur pflegen. Nachhaltig bauen. Ökologie beachten. Mieter sind Kunden. - Grundsätze, die unser Tun in der zweiten Hälfte unserer Firmengeschichte geprägt haben. Die Umstrukturierung erfasste als strategische Querschnittsaufgabe alle Abteilungen und Unternehmensbereiche. Doch bei aller notwendigen Anpassung an die Erfordernisse des freien Marktes blieben wir als Vermieterin und als Bauherrin immer unserer sozialen Verantwortung verpflichtet.

Neben dem Bekenntnis zur Baukultur steht gleichwertig das Prinzip des „Integrierten Quartiersmanagements“ mit seinen acht Stellschrauben: Image, Sozialstruktur, Kommunikation, Milieuarbeit, Soziale Vernetzung, Infrastruktur, Wohnsituation, Sozialplanung. Egal ob wir die Strukturierung einer neuen Wohnanlage, die Sanierung alter Bestände oder die Behebung sozialer Schieflagen angehen, beides zusammen liefert uns (fast) immer die richtigen Werkzeuge. Obwohl das Instrumentarium je nach Aufgabenstellung mit unterschiedlicher Intensität angewandt wird, ist die Wirkungsweise immer ähnlich: Hochwertige Architektur und ein gepflegtes Wohnumfeld ziehen neue Mieterschichten an, Fluktuation wird gebremst, eine sozial ausgewogene Bewohnerstruktur kann aufgebaut werden. Gemeinschaftseinrichtungen bieten die Infrastruktur für Kommunikation. Begleitende Milieuarbeit integriert randständige Bewohner und festigt Nachbarschaftsnetzwerke.

Bei der Sanierung der vier Hochhäuser auf dem oberen Salzert haben wir diese Methodik erstmals mit Erfolg erprobt. Seither ist dieser ganzheitliche Ansatz in unserem Haus unumstritten und vielfach bewährt. Er hat in der Wohnungswirtschaft Nachahmer gefunden, wurde in Forschungsprojekten als modellhaft gewürdigt.

Darüber hinaus versuchen wir, den speziellen Anforderungen besonderer Zielgruppen mit kreativen Lösungen Rechnung zu tragen: Flexible Grundrisse in der Wohnanlage Hugenmatt lassen sich den Wohnbedürfnissen Alleinerziehender anpassen. An der Hangstraße erleichtern reihenhausähnliche Mietwohnungen mit Garten kinderreichen Familien das Leben. In der Dammstraße unterstützt ein mit Experten entwickeltes städtebauliches und architektonisches Konzept das konfliktarme Miteinander randständiger Menschen. Mit unseren „Lückenfüllern“ generieren wir nicht selten städtebaulichen Mehrwert. Als jüngstes Beispiel sei das Hochhaus Weitblick auf einer Restfläche an der Landesgrenze genannt.

Vor rund zehn Jahren fusionierte die städtische Wohnbaugesellschaft Schopfheim mit unserem Unternehmen. Seiher gehört auch die Stadt im mittleren Wiesental zu unserem Wirkungskreis. Nicht unerwähnt sei unsere Tochter, die Stadtbau Lörrach, die uns seit 1987 bei der Wahrnehmung unserer Aufgaben in vielfacher Weise unterstützt.

Wohnungsnot und Migration sind heute wieder die alles beherrschenden Themen am Wohnungsmarkt. Ein weiteres Mal sind die kommunalen Wohnbaugesellschaften gefordert, „für breite Schichten der Bevölkerung“ möglichst schnell, möglichst viel und vor allem bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Aktuell haben wir deshalb das größte Bauprogramm seit den Gründerjahren der Wohnbau Lörrach aufgelegt. So lang wir „anständige“ Häuser bauen und unsere Mieterinnen und Mieter ungeachtet ihrer Herkunft und ihres Einkommens als Kundinnen und Kunden wertschätzen, sind wir für gegenwärtige und künftige Herausforderungen gut gerüstet.